Inhaltverzeichnis
• Das Jahr 1953 / 2
• Befehl 149/52 / 3
• Der Fall Otto Genrich / 4
• Der Fall Fritz Teuke / 5
• Der Fall Walter Hundt / 7
• „Republikflucht“ / 7
• Mittwoch, 17. Juni 1953 / 9
• Der Fall Hagedorn / 11
• Ausnahmezustand / 14
• Recht und Richter / 16
• Der Fall Martin Strehlow / 18
• Folgen und Folgerungen / 20
• Chronik der 17. Juni 1953 / 21
• Impressum / 23
Autor: Wolfram Bleis
Herausgeber: Habitourist Verlag Rathenow
Format: 12,0 x 17,0 cm, Seiten: 24, Gewicht: xxx g, Sprache: Deutsch
Einband: Broschur, Erschienen: 2013, 1. Auflage
Preis: 2,50 € inkl. 7% MwSt.
Leseprobe
Der Fall Martin Strehlow
Obwohl Martin Strehlow erst 1955 in der Untersuchungshaft verstarb, kann man ihn noch als eines der letzten Opfer des 17. Juni 1953 in der Region ansehen. Martin Strehlow wurde am 6. Januar 1905 in Rathenow geboren. Er erlernte hier den Beruf des Kaufmanns und war im Familienunternehmen tätig. Am 17. Juni 1953 fotografierte Martin Strehlow am Vormittag die Menschenmenge, die sich an der Stalinallee (heute Berliner Straße) auf der beräumten Trümmerfläche zwischen der Brandenburger Straße und dem damaligen Karl-Marx-Platz (heute Schleusenplatz) versammelte. Am Nachmittag machte er weitere Fotos vom „Haus der Freundschaft" (Dresdner Bank) an der Ecke Mittelstraße sowie der Nordseite der Stalinallee (Berliner Straße) zwischen Mittelstraße und Fehrbelliner Straße. Besonders auf dem letzteren Bild waren sowjetische Soldaten und deren LKWs zu sehen. Diese Fotografien waren der Anlass nach ihm zu fahnden und ihn am nächsten Tag, dem 18. Juni, zu verhaften. Der Haftbeschluss wurde am 18. Juni von der Kreisdienststelle Rathenow des Ministeriums für Staatssicherheit ausgestellt und gibt folgenden Grund für die Inhaftierung an: „Strehlow hat während und nach der Demonstration Aufnahmen über die Ansammlung und getroffene Maßnahmen von Seiten der Kommandantur getätigt. Er steht im Verdacht, diese für Propagandazwecke auszunützen. (Unterlagen BSTU 00029)
Auf der Basis dieses Haftbeschlusses erließ das Kreisgericht Potsdam Land am Sonnabend, dem 20. Juni, einen Haftbefehl mit der Beschuldigung: „anläßlich der Unruhen in Rathenow am 17.6.53 Aufnahmen gemacht zu haben, worunter sich auch solche von sowj. Wehrmachtsangehörigen und Fahrzeugen befanden. Es besteht der Verdacht, daß diese Aufnahmen für feindliche Zwecke verwandt werden sollten. Verbrechen gemäß Art. 6 der Verf. Der DDR in Verb. Mit dem Abschn. TXArt. III A III der KD 38 Er ist dieser Straftat dringend verdächtig und da Fluchtverdacht vorliegt, ist der Haftbefehl gesetzlich begründet." Vermutlich im Rahmen der großen „Antispionage"-Aktion 1955 wurde Martin Strehlow sowohl „als einschlägig bekannt" als auch wegen „Wirtschaftsverbrechen" erneut verhaftet und kam in Rathenow in Untersuchungshaft (Mitteilung D. J.).
Am 27. September 1955 zeigte der VP U. Komm. Heidepriem mit Stempel des Staatsanwaltes des Kreises Rathenow dem Standesamt Rathenow seinen Tod an. Als Wohnort wird „zurzeit UHA Rathenow" (Untersuchungshaftanstalt = UHA) angegeben, als Todeszeitpunkt „Dstg. 27.9.55 gegen 07.15 Uhr". Als Todesort wird genannt „Rathenow, Paracelsus-Krankenhaus". Die Todesursache wird auf dem Anzeigeformular nicht angegeben. Auf der Grundlage der Anzeige und dem beiliegenden Totenschein fertigt das Standesamt Rathenow am 28. September die Sterbeurkunde aus. Als Todesursache wird hier „Selbstmord durch Erhängen" angegeben. (Unterlagen Stadtarchiv Rathenow) Zum Zustand der Leiche teilte der Bestatter dem Sohn von Martin Strehlow ….