Inhaltverzeichnis
• Vorwort / 2
Felix Doepner, Pfarrer i.R.
• Was im April / Mai 1945 in der Region geschah / 4
Hans-Jürgen Wodtke
• Russen und Deutsche 1945 im Havelland / 8
Hans-Jürgen Wodtke
• Wie die Kriegs- und Nachkriegserlebnisse mein Leben prägten / 9
Margareta Presler, Redaktionell von Hans-Jürgen Wodtke bearbeitet
• Besatzungszeit mit Folgen für eine Rathenower Familie / 26
Heinz Friese, Redaktionell von Hans- Jürgen Wodtke bearbeitet
• Ich war 20 und wollte unbedingt leben / 44
Walter Woop, Redaktionell von Hans- Jürgen Wodtke bearbeitet
• Ein Berliner Mädchen erlebt in Premnitz 1945 das Kriegsende / 53
Ilona Delbos, Berlin, Redaktionell von Jürgen Mai bearbeitet
• Mit 16 Jahren in den Krieg / 58
Günter Thonke, Redaktionell von Hans- Jürgen Wodtke bearbeitet
• Bericht über Erlebnisse zum Kriegsende / 63
Pfarrer Günter Rutenborn
• Ein Erlebnisbericht über die letzten Kriegstage in Rathenow 73
Paula Seeger-Rabe
Autoren: Hans-Jürgen Wodtke und andere
Herausgeber: Rathenower Heimatbund e.V.
Format: 14,7 x 21 cm, Seiten: 84, Gewicht: 122 g, Sprache: Deutsch
Einband: Broschur, Erschienen: 2020, 1. Auflage
Preis: 7,50 € inkl. 7% MwSt.
Leseprobe
Russen und Deutsche 1945 im Havelland
Von Hans-Jürgen Wodtke
„Hilfe, die Russen kommen!“
Ende April / Anfang Mai 1945 tobten in unserer Region die letzten Kämpfe des 2. Weltkrieges auf deutschem Boden. Die Bevölkerung von Rathenow hatte unter den Kämpfen, die in der Zeit vom 25. April 1945 bis etwa 6. Mai 1945 im Ort stattfanden, besonders zu leiden. Als Kontrahenten standen sich die westwärts zur Elbe zurückziehenden Einheiten der 12. Armee und die sowjetischen Verbänden der 47. Armee gegenüber. Die Stadt war von den deutschen Militärs aufgrund ihrer geografischen Lage und des aktuellen Kriegsverlaufes zum Bollwerk gegen die anrückende und übermächtige Rote Armee ausgewählt worden. Hier sollten möglichst viele Rotarmisten, so lange wie möglich, gebunden und am weiteren Vorrücken zur Elbe gehindert werden. Nach dem Abflauen der Kämpfe in Rathenow wurde das sich westlich daran anschließende Elb-Havel-Dreieck in den ersten Maitagen 1945 zum heftig umkämpften Kriegsschauplatz. Bei zahlreichen Scharmützeln und Gefechten verloren hier nochmals tausende Menschen ihr Leben. Unter den Toten waren viele Zivilisten, die in panischer Angst versuchten, auf den ohnehin vom Militär und Flüchtlingen verstopften Straßen doch noch irgendwie über die Elbe ins bereits amerikanisch besetzte Gebiet zu kommen. Alle Zurückgebliebenen und denen die die Flucht über die Elbe nicht geglückt war, durch lebten nun, sofern sie nicht zu den befreiten Häftlingen, Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen zählten, die erste Pha se der brutalen Besatzungszeit unter der Roten Armee. Schnell zeigte es sich, dass die Rotarmisten über Jahre auf die Überwindung und Vernichtung des Nazi-Regimes trainiert und darauf psychologisch vorbereitet worden waren. Nun endlich am Ziel, hatten sie zuvor oft unmenschliche Strapazen und Leiden auf sich nehmen müssen. Jetzt glaubten sie sich dafür am militärischen Gegner und da mit auch an der Zivilbevölkerung ungestraft rächen und materiell entschädigen zu dürfen. Das führte in den besetzten deutschen Gebieten bis in den Sommer 1945 nur selten von der sowjetischen Militärführung geahndetem vielfachem Raub, Mord und hunderttausendfacher Vergewaltigung von Mädchen und Frauen.
Hunderttausendfache Vergewaltigung von Mädchen und Frauen.
Die Historikerin Catharine Merridale hat sich in ihrem Sachbuch „Iwans Krieg“ mit dieser, von allen am 2. Weltkrieg beteiligten Streitkräften praktizierten Verbrechens gegen die Frauen ihrer Gegner, wissenschaftlich auseinandergesetzt. Wissenschaftler rechnen mit einer mindestens zweimillionenfachen Vergewaltigung deutscher Frauen und Mädchen durch Rotarmisten. Hinter dieser Zahl bleiben derartige Gewaltverbrechen der anderen alliierten Armeen weit zurück. Die Zahl der durch deutsche Soldaten, besonders im Osten, begangenen Sittlichkeitsverbrechen ist geschichtlich noch nicht hinreichend aufgearbeitet, wird aber von Fachleuten ebenfalls als sehr hoch eingeschätzt. Ein klarer Beweis für diese Annahme ist unter anderem der von dem in Böhne lebenden Generalfeldmarschall Günther von Kluge am 11.09.1941 erlassene Sonderbefehl zur Aufrechterhaltung der Manneszucht in seinem Befehlsbereich. Der Versuch des damaligen Oberbefehlshabers der 4. Armee, so einen Riegel gegen die verstärkte Zunahme von Vergewaltigungen russischer Mädchen und Frauen durch seine ihm unterstellten Soldaten vorschieben zu wollen, misslang letztendlich. Sein Sonderbefehl wurde bald von Hitlers „Gerichtsbarkeitserlass Barbarossa“ kassiert. Danach wurden durch deutsche Soldaten in den besetzten Gebieten begangene Verbrechen an Zivilisten nur in wenigen Fällen verfolgt. Faktisch galten die Menschen in diesen Gebieten fortan als vogelfrei. Eine Praxis, die ……………………