Inhaltverzeichnis
• Vorwort des Herausgebers / 3
Nadine und Hans-Jürgen Wodtke
• Das Ende des 2.Weltkrieges / 6
Dr. Bettina Götze
• Wie Böhne das Ende des 2.WK und die Zeit danach erlebte / 9
Auf Basis von Tagebuchaufzeichnungen von Otto Rahtgens
Redaktionell bearbeitet von Hans- Jürgen Wodtke mit Personenregister
• Stunde null im Havelland, die Situation in Spaatz und Umgebung / 35
Tagebuchaufzeichnungen von Margarethe Funke
Redaktionell bearbeitet von Wolfram Bleis und Wolfgang Funke
• Das Ende des Krieges im Ländchen Rhinow / 54
Jürgen Bleick
• Das unmittelbare Kriegsende in Grütz / 62
Ortwin Müller
• Befreiung (Rathenow, Ferchesar, Stechow) / 69
Dieter Seeger
• Flucht aus Ostpreußen nach Böhne / 76
Hans-Jürgen Wodtke
• Meine Erinnerungen an das Kriegsende in Böhne / 80
Lilli Tross, geb. Burgemeister
• Rückblick auf die 2. Regionale Geschichtswerkstatt in Böhne / 83
Hans-Jürgen Wodtke
Autoren: Hans-Jürgen Wodtke und andere
Herausgeber: Rathenower Heimatbund e.V.
Format: 14,7 x 21 cm, Seiten: 86, Gewicht: 123 g, Sprache: Deutsch
Einband: Broschur, Erschienen: 2006, 1. Auflage
Preis: 7,50 € inkl. 7% MwSt.
Leseprobe
Kriegsende im Ländchen Rhinow
Jürgen Bleick
……………..Im November 1937 in Rhinow geboren, war ich gerade 7 Jahre alt, aber ich möchte versuchen über meine eigenen Erinnerungen und das aus Gesprächen zwischen meinem Großvater und Kunden der Schneiderei Gehörte und jetzt noch bei älteren Bürgern Nachgefragte zu berichten.
Wie bereits erwähnt, wurde ich am 17. November 1937 als Sohn des Schneidermeisters Willhelm Bleick in Rhinow geboren. Mein Vater wurde 1941 eingezogen und fiel im Juni 1944 für „Führer und Vaterland“. Mein Großvater, ebenfalls Schneidermeister, führte das Geschäft weiter und meine Mutter und ich wohnten mit den Großeltern in einem Haushalt.
Eigentlich hat man in unserer Kleinstadt vom Kriegsgeschehen bis 1945 wenig gespürt. Das einzig Militärische war die 1938 - 39 auf dem Osterberg (Falkenberg) in Rhinow erbaute „Flugwache“, die zu einer Kette von Beobachtungspunkten gehörte und feindliche Flugbewegungen in Richtung Berlin beobachten und zur Vorwarnung nach Berlin melden sollten.
Später, schon im Februar 1945 wurde dieses anders. Tiefflieger beschossen Truppen- und Materialtransporte auf der Eisenbahnstrecke der Brandenburgischen Städtebahn. Ab Anfang April war sehr oft Fliegeralarm, hauptsächlich aber wenn englische und amerikanische Bomber in Richtung Berlin flogen. Als Kinder sammelten wir die von den Flugzeugen abgeworfenen Folienstreifen und ich glaube mich zu erinnern, dass diese als Altstoff abgeliefert werden mussten. Auch wurden von den Flugzeugen leere Reservetanks abgeworfen, die von den größeren Jungen geborgen wurden. Diese bauten sich daraus Boote, da die Tanks eine derartige Form hatten.
Nach den Flugzeugalarmen, abends und nachts, konnte man am Horizont die so genannten Weihnachtsbäume als Leuchtzeichen über Berlin sehen und der Himmel über Berlin färbte sich dunkelrot.
Russische, polnische, französische und englische, weibliche und männliche Gefangene und Zwangsarbeiter hatte man während des Krieges den Landwirten zugeteilt. Sie lebten dort oder waren in 3 Gemeinschaftsunterkünften untergebracht. Das Bastfaserwerk war ein Häftlingslager – als Außenlager einer Berliner Haftanstalt angegliedert, zeitweise auch KZ-Außenlager. In unserer Familie wurden die nötigsten Sachen und wichtige Papiere eingepackt und bei Alarmen mit in den Keller oder die Luftschutzräume genommen.
Durch die Berichte im Radio und durch Erzählungen der Flüchtlinge angeregt, wurden Textilien, Wäsche, Wertgegenstände sowie Porzellan und Konserven in Kisten und Kartons verstaut, später eingegraben oder wie bei meinem Onkel, der Landwirt in Kietz war, unter Stroh oder Heu versteckt. Anfang April wurden die Fliegereinsätze auf Berlin häufiger. Tiefflieger griffen Militärkolonnen Richtung Westen, Elbe, Havelberg und Wittenberge - auch im Raum Rhinow an. Der Schulbetrieb wurde eingestellt und der Unterricht fand in Räumen der Bastfaserwerke und dem bereits geräumten Arbeitsdienstlager (jetzt Amt) statt. Es kam vor, dass auf dem Schulweg plötzlich Tiefflieger auftauchten und wir Kinder mussten uns im Birkenwäldchen oder in Hauseingängen in Deckung bringen…………