Kurztext: Der rund 180 Jahre alte Eiskeller in Böhne, errichtet von Rittergutsbesitzer Robert Briest von Briesen, diente zur Lagerung von Natureis und Lebensmitteln. Das zweigeteilte Tonnengewölbe aus Ziegelmauerwerk ist gut erhalten und zählt zu den wenigen noch bestehenden Eiskellern der Region und ist damit unbedingt schützenswert.
Der Eiskeller in Böhne, ein technisches Bauwerk mit hohem geschichtlichen Wert
von Hans-Jürgen Wodtke
Moderne Kühlung und deren historische Vorläufer
Heute ist es eine Selbstverständlichkeit, dass unterschiedlichste Kühl- und Gefriergeräte uns bei einer möglichst verlustfreien Lagerung unserer Lebensmittel behilflich sind. Diese technischen Geräte und Systeme werden heute überwiegend mit Elektroenergie betrieben. Eine Energieform, die uns wie selbstverständlich in ausreichender Menge zur Verfügung zu stehen scheint. Doch spätestens seit dem Krieg in der Ukraine lohnt es sich darüber nachzudenken, wie wir unser gewohntes Leben bei einem mehrtägigen Netzausfall in den Griff bekommen werden. Dass dann unser Kühl- und Gefriergut verderben kann, ist dabei wohl noch das kleinste Übel.
Bereits unsere Vorfahren haben sich seit Menschengedenken um möglichst lange Lagerung ihrer Nahrungsmittel Gedanken machen müssen. So bestimmte über Jahrhunderte die Konservierung mit Salz, Pökellauge sowie unterschiedliche Räucher- und Dörrverfahren deren Leben. Dagegen ist die Konservierung von Lebensmitteln in Gläsern und Büchsen erst seit gut 100 Jahren bekannt.
Links neben dem Böhner Schwedenhaus befindet sich der Eiskeller unterhalb des aufgesetzten Holzschuppens, Anfang 2000. Foto: Wodtke
Konservierung durch Natureis
Schon recht früh war man sich bewusst, dass sich viele Lebensmittel kühl gelagert oder gar gefroren wesentlich länger in genießbarem Zustand aufbewahren ließen. Doch war man bei diesem vielversprechenden Verfahren stets auf die Gunst von Mutter Natur angewiesen. Denn nur in der kalten Jahreszeit gelangte es unseren Altvorderen Eis aus gefrorenen Flussläufen und Seen bzw. gefrorenen Schnee zu bergen und in die Behausung zu bringen und zur Nahrungsmittelkühlung zu nutzen. Eine praktische wie preiswerte Lösung, die aber in der wärmeren Jahreszeit leider versagte.
Spätestens mit Beginn des 19. Jahrhunderts begannen findige Menschen ernsthaft und mit zunehmenden Erfolg über Lösungen nachzudenken, wie das im Winter geborgene Eis möglichst lange im erstarrten Zustand aufbewahrt und für die Nahrungsmittelkühlung genutzt werden könnte. Schon bald entstanden die ersten künstlich geschaffenen, kellerartigen Bauwerke zur Eisaufbewahrung. Daraus entwickelten sich in der Folgezeit im Erdreich eingelassene, aus solidem Mauerwerk bestehende Kellergebäude mit einer Erdüberdeckung mit isolierenden Beimischungen. Besonders in Molkereien, Brauereien und in den großen Gütern im ländlichen Bereich wuchs zunehmendes das Interesse an derartigen Eiskellern.
Der Eiskeller in Böhne
Auch in Böhne ließ der damalige Rittergutsbesitzer Robert Briest von Briesen einen geräumigen Eiskeller unmittelbar neben dem als Inspektorhaus dienenden „Schwedenhaus“ bauen. Dieser als Tonnengewölbe, mit starkem Ziegelwerk, ausgeführte zweigeteilte Hochkeller ist noch heute in seiner urtümlichen Art recht gut erhalten. Es gibt Hinweise, dass der Keller bis zur Auflösung des Rittergutes 1945 sowohl zur Einlagerung von Eis wie auch von leicht verderblichen Lebensmitteln diente. Denn während die im Winter auf dem nahe gelegenen Königsgraben oder der Havel geschnittenen Eisblöcke im Keller lagerten, hielt das langsam schmelzende Eis die Kellertemperatur über viele Monate um die 10 °C. Hauptsächlich wurden die hier gelagerten Eisblöcke aber außerhalb des Kellers, wie im nahen Milchviehstall, zur Kühlung der gewonnenen und für den Abtransport zur Molkerei bereitstehenden Frischmilch genutzt. Ungewöhnlich bei dem rund 100m2 großen Böhner Eiskeller ist, dass je eine Eingangstür von der Nord- wie auch der Südseite in den zweigeteilten aber durch eine Türöffnung verbundenen Keller führt. Eine glaubhafte Bestätigung dafür, dass wie von Zeitzeugen einst berichtet, der Keller sowohl zur Einlagerung von Eis wie auch für Lebensmitteln genutzt wurde.
Historische Bedeutung und Pflicht zum Erhalt
Heute zählt der wohl rund 180 Jahre alte Böhner Eiskeller zu den noch sehr wenigen gut erhaltenen Gebäuden zur Lagerung von Natureis in der Region und ist damit unbedingt schützenswert.
Der 2025 sanierte Eiskeller unmittelbar neben dem gleichfalls sanierten Böhner Schwendenhaus. Foto Wodtke
Maßgeblich für den noch guten Erhalt des Gebäudes war ein darüber angeordneter Holzschuppen. Dieser diente zum einen als Schutz gegen unerwünschte Sonneneinstrahlung und als Wetterschutz sowie zur Lagerung von Brennholz. Im Zuge der aktuell auf dem Gelände laufenden Baumaßnahmen wurde dieser in die Jahre gekommene Schuppen vor kurzem abgetragen. Damit kann man vorübergehend sehr gut die gesamte Dimension der Kelleranlage erkennen, bevor die empfindliche Kellerdecke, wie der Bauherr mitteilte, gegen die Witterungseinflüsse im Winter wieder mit einem Schutzdach versehen wird.
Erschienen mit geringfügigen Änderungen am 12. Jan. 2022 in der BRAWO, Lokalausgabe Rathenow